Nicola Leibinger-Kammüller
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Dr. Nicola Leibinger-Kammüller leitet die Geschicke des Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf. Die Unternehmensführung übernahm sie von ihrem Vater Berthold Leibinger. Geboren wurde Nicola Leibinger im Dezember 1959 in Wilmington in Ohio, wo ihr Vater damals für die US-Firma Cincinnati Milling arbeitete. 1961 zog die Familie nach Deutschland zurück, wo Nicolas jüngere Geschwister Regine und Peter das Licht der Welt erblickten.
- firmenferne Ausbildung
Ihre Eltern vermittelten der jungen Nicola schon früh ein christliches Wertesystem, das pietistisch, also durch Werte wie Disziplin und Pflichtgefühl geprägt wurde. Überhaupt spielt die Familie im Leben von Leibinger-Kammüller eine entscheidende Rolle. Der große Zusammenhalt gab ihr immer Rückendeckung für alle ihre Entscheidungen. So auch für die, Germanistik und Anglistik, später auch noch Japanologie zu studieren. Das tat sie in Freiburg, in Middlebury in Vermont und in Zürich. Anschließend arbeitet sie in der väterlichen Firma als PR- und Marketingreferentin, kümmert sich aber vor allem um ihre Promotion. Die schließt sie 1987 mit einer Arbeit über das Spätwerk Erich Kästners erfolgreich ab.
- Ferner Osten und zurück
1988 treffen sie und ihr Mann Mathias Kammüller, den sie 1984 geheiratet hatte, eine Entscheidung. Er erfolgreich als Ingenieur bei Bosch und sie, aufstrebend bei Trumpf, können beide in Japan arbeiten, weit weg von der schwäbischen Heimat. Sie nehmen die Herausforderung an und gehen nach Yokohama, wo sie bei der japanischen Tochterfirma von Trumpf als PR-Managerin arbeitet. Die Umstellung fällt ihr nicht so schwer, weil sie fließend japanisch spricht. Damit fungiert sie quasi als Mittlerin zwischen den so verschiedenen Kulturen und sorgt für ein besseres Verständnis mit der Tochtergesellschaft. Dazu kümmert sie sich auch noch um ihr erstes Baby. Nach drei Jahren heißt es dann aber Sayonara Japan und zurück nach Ditzingen zur Familie. Und zum Stammsitz der Firma, für die Leibinger-Kammüller die Unternehmenskommunikation übernimmt.
- Familie ist Trumpf
Ihr Vater überschreibt ihr aus steuerlichen Gründen schon 1994 Anteile am Unternehmen, das zu hundert Prozent im Familienbesitz ist. 2000 wird die Firma zu einer Holding umgebaut. Seit 2003 gehört Leibinger-Kammüller zur Geschäftsführung und ist zudem für die Unternehmenskommunikation und die Gesellschaftspolitik bei Trumpf zuständig. 2005 zieht sich dann ihr Vater aus der Geschäftsführung zurück. Die Nachfolge wurde lange intern diskutiert. Letztlich stehen alle voll hinter der Entscheidung Nicola Leibinger-Kammüller zur neuen Chefin des Maschinenbauers zu machen und betonen, dass es kein Wettkampf gegeben habe. Ihr Mann und ihr Bruder Peter gehören auch dem Vorstand an. Seitdem versucht sie das Familienerbe ganz im pietistischen Geist, den ihr Vater so geprägt hat, erfolgreich fortzuführen. Anscheinend gelingt das der promovierten Literaturwissenschaftlerin sehr gut, denn Trumpf macht Milliarden-Umsätze und ist die weltweite Nummer eins in der Lasertechnik. Dennoch wirke sie bescheiden, integer, diszipliniert und sachlich. So wird ihre geschäftliche Seite oft beschrieben. Dabei aber stets humorvoll, uneitel und charmant, Sie tritt ganz im Sinne des Familienkodex, den alle erwachsenen Mitglieder der Familie unterschrieben haben, auf. Dieser ist eine Art Richtschnur für den Umgang mit den wichtigen Dingen des Lebens auch außerhalb der Firma.
- Frau für weitere Aufgaben
In diesem Sinne engagiert sich Leibinger-Kammüller auch für anders geartete Projekte. Sie übernahm 1992 die Geschäftsführung der von ihrem Vater gegründeten gemeinnützigen Berthold Leibinger Stiftung. Darüber hinaus nimmt sie verschiedene, oft ehrenamtliche Funktionen im politischen, sozialen und kulturellen Bereich wahr. Sie unterstützt beispielsweise die Internationale Bach-Akademie und das Stuttgarter Olga-Krankenhaus. Sie ist seit April 2006 im Rat für Innovation und Wachstum der Bundesregierung Deutschlands. Sie ist seit 2008 in der wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrates, im Präsidium des Verbandes der Familienunternehmer ASU" und im Kuratorium der Stiftung der Familienunternehmer. Des Weiteren ist sie im Aufsichtsrat der Lufthansa.
- verschiedenes
So viel Engagement führte 2008 fast zwangsläufig zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Bereits zwei Jahre zuvor bekam sie zusammen mit Vater, Bruder und Mann den jährlich vergebenen Deutschen Fairness Preis für ihre Verdienste um eine faire und transparente Unternehmens- und Führungskultur von der gemeinnützigen Fairness Stiftung überreicht. Eine ihrer herausragendsten Eigenschaften ist wohl ihr Organisationstalent. Das muss die immer voller Energie steckende Frau auch haben, denn wie sonst ließen sich Firmenleitung, Ehrenämter und der Alltag mit vier Kindern, von denen das älteste inzwischen allerdings aus dem Haus ist, unter einen Hut bringen. Aber selbst für sie gibt es das Wort Entspannung. Alle zwei Jahre fährt die Philologin zu den Thomas-Mann-Tagen nach Davos und hört sich Literaturwissenschaftliche Vorträge wie zu Studentenzeiten an. Ansonsten nimmt sie sich einfach ein gutes Buch, das sie zu klassischer Musik, vorzugsweise von Bach oder Mozart, durchschmökert.