Hartmut Mehdorn
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Hartmut Mehdorn erlangte eine bundesweite Bekanntheit als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn. Geboren wurde er als jüngstes von vier Kindern im Juli 1942 in Warschau während seine in Berlin lebende Mutter dort ihren als Soldat stationierten Mann, einen Ingenieur, besuchte.
- Kindheit und Jugend
Nach dem Krieg siedelte Familie Mehdorn von Berlin zunächst nach Bayern, 1947 dann nach Karlsruhe um, wo Hartmuts Vater eine Anstellung fand. Schon zwei Jahre später folgte ein neuerlicher Umzug, diesmal nach Nürnberg. Aber auch dort blieb die Familie nur vier Jahre, bevor sie dann 1953 wieder nach Berlin ging. Dort machte Hartmut Mehdorn 1960 sein Abitur. Im folgenden Jahr begann er ein Maschinenbaustudium, das er 1965 erfolgreich abschloss. Nebenbei arbeitete er im elterlichen Betrieb, der Spritzguss- und Pressteile aus Kunststoff herstellte, mit und trat der schlagenden Burschenschaft Frankonia bei.
- Karriere im Flugzeugbau
Nach der abgeschlossenen Ausbildung startete er 1965 mit einem Job in Bremen bei den Vereinigten Flugtechnischen Werken VFW, früher bekannt als Focke-Wulf. Dort stieg Mehdorn die Karriereleiter beständig nach oben, dirigierte ein Programm zur Serienfertigung der ersten Airbusse und wurde schon 1977 Leiter des Werkes in Bremen und damit Chef von rund 1.400 Mitarbeitern. Nach der Übernahme der VFW durch Messerschmidt-Bölkow-Blohm, kurz MBB, im Jahr 1981 Produktionschef der vier Nordwerke von MBB. Zudem wurde er für Airbus in Toulouse Vorstand für Produktionskoordination, Einkauf und Qualitätskontrolle. Nach einer Reihe weiterer Posten rückte er 1986 in die Geschäftsführung bei MBB auf, wo er für die zivile Luftfahrt verantwortlich war. 1989 gelangte er in den Vorsitz der Geschäftsführung bei Airbus in Hamburg. 1992 machte man ihn zum Vorstandsmitglied der DASA, der Deutschen Aerospace AG, in München. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass die Endmontage der Airbusse nach Deutschland verlagert wurde. Nachdem er sich allerdings mit Jürgen Schrempp, damals Vorstandschef der DASA, überworfen hatte, verließ er das Unternehmen und kehrte dem Flugzeugbau den Rücken.
- Neue Horizonte
Auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld landete Mehdorn im Oktober 1995 als Vorsitzender des Vorstands bei der Heidelberger Druckmaschinen AG. Er strukturierte das Unternehmen um, weitete das Produktportfolio aus und brachte es 1997 an die Börse. Des Weiteren kaufte er im Zuge einer großen Expansionsstrategie zahlreiche Firmen auf. Innerhalb von drei Jahren verdoppelte er die Zahl der Mitarbeiter, den Umsatz und den Gewinn. Nach seinem Weggang mussten allerdings sämtliche Zukäufe wieder abgestoßen werden um das in finanzielle Schieflage geratene Unternehmen zu retten. Im September 1998 übernahm Mehdorn zusätzlich den Vorsitz bei Lahmeyer, mit 57 Prozent der Aktien damals Mehrheitsgesellschafter bei Heidelberger Druckmaschinen. Einen Monat später berief man ihn in den Vorstand des Energieriesen RWE, wo er für Nicht-Energie-Beteiligungen zuständig war. Er sitzt auch Ende 2009 noch im Aufsichtsrat bei RWE sowie beim Softwarehersteller SAP.
- Deutsche Bahn
Auf Initiative des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder löste Mehdorn den glücklosen Johannes Ludewig als Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn ab. Am 16. Dezember 1999 trat er seinen Posten als Chef des Bahnuniversums an. Als große Ziele rief er zunächst Sanierung und dann Wachstum aus. Sein Masterplan war ein Börsengang der Bahn, die er dafür fit machen wollte. Unter seiner Ägide wurden Unternehmen, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in vielen anderen Ländern zugekauft. Zum Beispiel der international agierende Logistikdienstleister Schenker im Jahr 2002. Innerhalb von sieben Jahren steigt unter Mehdorn die Schuldenlast der Deutschen Bahn von 4,2 Milliarden Euro auf mehr als 19 Milliarden Euro Ende 2006. Das Personal wurde in seiner Amtszeit von 350.000 auf 240.000 verringert. Gleichzeitig stellte er aber gerade am Ende positive Bilanzen vor, deren Aussagekraft von einigen Experten jedoch in Zweifel gezogen wurde. Darüber hinaus tat Mehdorn sich immer wieder als Hardliner gegenüber den eigenen Angestellten hervor, was sich vor allem in den 2007 und 2008 ausgefochtenen Tarifkonflikten mit den Lokführern und deren Gewerkschaft widerspiegelt.
- Skandale und Rücktritt
Sein Umgang mit den Mitarbeitern war es letztlich auch, der für seine Demission bei der Deutschen Bahn sorgte. Auf Grund des Verdachts, dass die Bahn jahrelang den Email-Verkehr der eigenen Beschäftigten überwacht, persönliche Informationen über Mitarbeiter eingeholt und Stammdaten unzulässig mit anderen Datenbanken abgeglichen haben soll, nahmen Sonderermittler eine Untersuchung auf. Die kam im März 2009 zu dem Urteil, dass täglich bis zu 145.000 Emails systematisch gefiltert worden seien. Mehdorn sah darin keinen rechtlichen Verstoß. Er beklagte eine von den Fakten losgelöste und vereinfacht geführte Diskussion sowie eine daraus resultierende Vorverurteilung in der Öffentlichkeit. Um mehr Schaden von der Deutschen Bahn abzuwenden, bot er schließlich seinen Rücktritt an. Auch seine zahlreichen Vernetzungen auf die höchste politische Ebene konnten inzwischen nicht mehr verhindern, dass er quasi keinen Rückhalt mehr von den Spitzen der Regierung bekam. So zog er denn Ende April 2009 aus der Bahnzentrale in Berlin aus, allerdings nicht ohne eine beträchtliche Abfindung, die Rede in der Presse war von 4,8 Millionen Euro, erhalten zu haben. Seinen Traum vom Börsengang der Deutschen Bahn konnte er nicht umsetzen.
- Leben nach der Bahn
Mehdorn gönnte sich keine große Auszeit und nahm schon kurze Zeit später einen Aufsichtsratsposten bei der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin an. Ende September 2009 gab darüber hinaus die renommierte amerikanische Investmentbank Morgan Stanley bekannt, dass sie Mehdorn mit einem Vertrag als Seniorberater ausgestattet hat. Die Banker versprechen sich davon außerdem Unterstützung bei den zukünftig anstehenden Sanierungsmaßnahmen.
- Sonstiges
Hartmut Mehdorn ist seit 1973 verheiratet und Vater von zwei Söhnen und einer Tochter. Französische Lebensart und Kultur haben es ihm angetan, weshalb er sich auch um die deutsch-französische Freundschaft jahrelang bemüht hat, was ihm 2004 den Titel eines Kommandeurs der Französischen Ehrenlegion einbrachte. Zudem verlieh man ihm zwei Ehrendoktorwürden in Moskau und Hamburg-Harburg sowie den Ehrensenatorentitel der Uni Heidelberg. 1982 erhielt er außerdem das Bundesverdienstkreuz am Bande. Seine Biographie kam Ende 2007 auf den Markt. Obwohl er als Westberliner nicht zum Wehrdienst eingezogen wurde, trat er Anfang der 1970er Jahre in den Militärdienst ein, als die Bundeswehr technische Offiziere im Rahmen der Einführung der Transall suchte. Er machte mehrere mehrwöchige Übungen mit und ist heute Luftwaffenhauptmann der Reserve.